STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Emilie Kowa

Im KZ Riga-Kaiserwald kommen mehr als ein Dutzend Aufseherinnen zum Einsatz. Eine von ihnen ist Emilie Kowa. Im KZ Ravensbrück wird sie zur KZ-Aufseherin ausgebildet. Danach versetzt man sie Ende August 1943 in das KZ Riga-Kaiserwald. Kowa arbeitet als Aufseherin im Schutzhaftlagerbereich der Frauen, wo sie zeitweise als Oberaufseherin agiert, und im Frauenaußenlager der AEG in Riga.

Im Oktober 1945 verhaftet man Kowa in ihrem Heimatort Pforzheim; im Anschluss kommt sie in ein Internierungslager. Im Februar 1948 klagt sie ein französisches Militärgericht wegen der Misshandlung und der Beteiligung an der Ermordung von Häftlingen im KZ Riga-Kaiserwald an. Das Gericht verurteilt sie zu 20 Jahren Haft und Zwangsarbeit. Bereits 1953 wird Kowa vorzeitig aus der Haft entlassen. Im Jahr 1964 ermittelt die Mannheimer Staatsanwaltschaft erneut gegen sie. Überlebende bezeugen, dass Kowa in der Auflösungsphase des KZ Groß-Rosen Häftlinge erschoss, doch das Verfahren wird wenige Jahre später eingestellt. Ihr Todesdatum ist unbekannt.

Zitate aus einem Brief von Frieda Schmuschkowitz und eidesstattliche Erklärung von Fanny Gurwitz über Gräueltaten, die von Emilie Kowa im Konzentrationslager Kaiserwald begangen wurden:

Brief an den Leiter der Staatsanwaltschaft, Rechtsabteilung, Z.E.O., Herford

Anklage gegen Emilie Kowa, die rechte Hand des SS-Hauptscharführers Sauer, Kommandant von Kaiserwald. Kowa behandelte die weiblichen Häftlinge mit brutaler Grausamkeit und schlug sie zusammen. Später war Kowa Kommandantin des A.E.G.-Arbeitslagers, wo sie ihre grausamen Schläge fortsetzte und die Frauen härtester Kälte aussetzte. [Es] verging im Kaiserwald kein Tag, wo man von ihr nicht verprügelt wurde. Die Kowa war der Schrecken von Kaiserwald und später von der AEG.

Fanny Gurwitz: Eidesstattliche Erklärung

Anklage gegen Emilie Kowa wegen unmenschlicher Behandlung von Häftlingen im Konzentrationslager Kaiserwald im November/Dezember 1943, als sie Aufseherin war, und im Arbeitslager A.E.G. im Jahr 1944, wo sie das Kommando hatte.

Hermann Neudorf sel.A., Holocaust-Überlebender, gebürtig aus Gelsenkirchen-Horst nach seiner Befreiung über seine Zeit im KZ Kaiserwald: "Ich sah zum ersten Mal SS-Aufseherinnen. Bestien in Uniform, Stiefel, Pistole und Peitsche, so drangsalierten sie unsere Frauen, schlugen und traten sie. Oh, die herrliche deutsche Frau, die berühmte deutsche Kultur! Ich kann sagen, die SS-Frauen haben die SS-Männer an Brutalität bei weitem übertroffen."

Aufseherin war die Berufsbezeichnung für eine weibliche Aufseherin in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Von den 50.000 Aufsehern, die in den Konzentrationslagern Dienst taten, waren den Ausbildungsunterlagen zufolge etwa 3.500 Frauen. 1942 kamen die ersten Aufseherinnen aus Ravensbrück nach Auschwitz und Majdanek. Im darauf folgenden Jahr begannen die Nazis, Frauen zu rekrutieren, da es an männlichen Wachleuten mangelte. Später wurden weibliche Aufseherinnen nach Bozen (1944-1945), Kaiserwald-Riga (1943-44), Mauthausen (März-Mai 1945), Stutthof (1942-1945), Vaivara (1943-1944), Vught (1943-1944) sowie in NS-Konzentrationslagern, Nebenlagern, Arbeitslagern, Internierungslagern und anderen Stellen eingesetzt.


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. November 2024

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