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STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

König, Ernst-August

 Ernst-August König, ehemaligen SS-Rottenführer und Blockführer des 'Zigeunerlagers'  Auschwitz-Birkenau (links) auf der Anklagebank des Landgerichts Siegen mit seinen beiden Rechtsanwälten Georg Bürger und Fritz Steinacker.Abb.1: Ernst-August König, ehemaligen SS-Rottenführer und Blockführer des "Zigeunerlagers" Auschwitz-Birkenau (links) auf der Anklagebank des Landgerichts Siegen mit seinen beiden Rechtsanwälten Georg Bürger und Fritz Steinacker.

Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher spielte die Verfolgung der Sinti und Roma keine Rolle. Kein/e einzige/r Sinto/Sintiza oder Roma/Romni wurde während des Prozesses als Zeuge vernommen. In der Folgezeit gab es zwar eine Reihe von Ermittlungsverfahren wegen der Verbrechen an Sinti und Roma, aber nur selten wurde überhaupt ein Prozess eröffnet oder gar ein Urteil gefällt. Erst 1987 kam es vor dem Landgericht Siegen zur Eröffnung eines Prozesses gegen einen Haupttäter des Genozids an den Sinti und Roma – den ehemaligen Blockführer des Zigeunerlagers in Auschwitz-Birkenau, Ernst-August König, der unbehelligt als Rentner in Bad Berleburg gelebt hatte. Er wurde des sechsfachen grausamen Mordes und der vorsätzlichen Beihilfe zur Massentötung der Sinti und Roma bei der Liquidierung des Zigeunerlagers Anfang August 1944 angeklagt.

Der Prozess erregte von Anfang an große Aufmerksamkeit, auch bei der überregionalen Presse, da hier zum ersten Mal in der deutschen Öffentlichkeit in großer Ausführlichkeit von den über 160 Zeugen über die unmenschlichen Zustände in dem „Zigeunerfamilienlager“ in Auschwitz berichtet wurde. Die Taktik der Verteidiger Königs, die Anwesenheit Königs während der Liquidierung des Zigeunerlagers zu bestreiten, führte schließlich dazu, dass König in diesem Punkt aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Da ihm jedoch drei eigenhändige Morde an Sinti - begangen an Sophie Weiß, Wolfgang Seeger und Oskar Schopper - eindeutig nachgewiesen werden konnten, endete der Prozess im Januar 1991 mit der Verurteilung des inzwischen 71jährigen König zu lebenslanger Haft. Das Urteil wurde jedoch nicht rechtskräftig, da König noch vor der Revisionsverhandlung in der Haft Selbstmord beging.

 Ernst-August König: Drei Morde und Beihilfe zum Mord an Sinti und Roma

Abb.2: Artikel in der Siegener Zeitung, 29. November 1990. Verhaftung von König abgelehnt; Oberstaatsanwalt: Drei Morde und Beihilfe zum Mord an Sinti und Roma

 Ernst-August König: Drei Morde und Beihilfe zum Mord an Sinti und Roma

Abb.3: Artikel in der Siegener Zeitung, 25. Januar 1991. Mit dem Schuldspruch ist erstmals in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte eine Verurteilung für den Völkermord an Sinti und Roma ergangen. An dem Prozess gegen Ernst-August-König nahmen u.a. auch Verwandte und Nachfahren von Oskar Schopper (Häftlingsnr. Z 2738, Rufname "Schnablo" aus Gelsenkirchen teil.

Aus dem Urteil (1991): "Nachdem der Angeklagte [König] den Block betreten hatte, rief der Blockälteste: ‚Achtung!‘ Daraufhin traten die im Block anwesenden Häftlinge vor ihren Schlafpritschen an. Wolfgang Seeger war aufgrund seines Alters [67] und wegen seines krankheitsbedingt geschwächten Gesundheitszustandes nicht in der Lage, geradezustehen. Er hielt sich mit einer Hand an einem Pfosten seiner Schlafpritsche fest. Der Angeklagte forderte ihn auf geradezustehen. Seeger erwiderte daraufhin sinngemäß, er könne nicht geradestehen. Der Angeklagte schlug heftig und brutal mit dem Schlaggegenstand etwa 25mal auf Seeger, insbesondere schlug der Angeklagte gezielt in den Nierenbereich." König schlug den Häftling tot.

König zu dem am Boden liegenden Häftling Johann Weiß: "Eure Brut muß man vernichten."

"Dem Angeklagten (König) machte es Spaß, sich in der ihm von der SS verliehenen Macht gegenüber den Häftlingen zu sonnen."

Prozess gegen Ernst August König  

Von 1987 bis 1991 fand in Siegen der Prozess gegen Ernst August König statt, einen ehemaligen SS-Rottenführer im so genannten "Zigeunerlager" in Auschwitz-Birkenau. Es war der einzige Prozess gegen ein Mitglied der dortigen SS-Wachmannschaft. Dirk Frenking, Richter am OLG Hamm, ist darüber im Gespräch mit Klemens Mehrer, Oberstaatsanwalt i.R., der damals am Prozess beteiligt war. Das Gespräch wurde am 28.11.2018 im Justizzentrum Gelsenkirchen aufgezeichnet.

Staatlich geplanter Massenmord oder der Sadismus eines Einzelnen? Teil 1 from Zeit-und-Zweitzeugen on Vimeo.

Staatlich geplanter Massenmord oder der Sadismus eines Einzelnen? Teil 2 from Zeit-und-Zweitzeugen on Vimeo.

Quellen
Abbildungen: Archiv Siegener Zeitung
Viedeos: Zeit-und-Zweitzeugen, http://www.siwiarchiv.de (Abruf: 27. Januar 2019)


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Januar 2019.

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