STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort CHARLES GANTY

JG. 1920
ZWANGSARBEIT 1940
ZECHE NORDSTERN
VERHAFTET 31.8.1942
"FEINDBEGÜNSTIGUNG"
HINGERICHTET 7.9.1943
PLÖTZENSEE

Verlegeort: Höhe Haus Am Bugapark 1/Zugangsweg Nordsternpark, Gelsenkirchen

Erkennungsdienstliche Aufnahme von Charles Ganty, 1943 (Bundesarchiv R 3017/37795)

Abb.: Erkennungsdienstliche Aufnahme von Charles Ganty, 1943

Charles Ganty wird am 17. April 1920 in Jumet bei Charleroi in Belgien geboren. Er ist zunächst Fabrikarbeiter, später arbeitet er als Bergmann. 1939 wird er zum Wehrdienst in die belgische Armee eingezogen, kommt aber wegen des raschen Vormarsches der deutschen Truppen nicht zum Einsatz an die Front. Ganty wird Ende 1940 als "Zivilarbeiter" nach Deutschland "dienstverpflichtet" und musste ab Januar 1941 auf der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst Zwangsarbeit für die deutsche Kriegswirtschaft verrichten.

Die ehemalige Zeche Nordstern heute

Abb.: Die ehemalige Zeche Nordstern (1/2) in Gelsenkirchen-Horst

In einem der Gelsenkirchener Zwangsarbeiterlager in Heßler wendet sich Ganty gegen die Nationalsozialisten und ruft zur Arbeitssabotage auf. Im März 1942 verlässt er unerlaubt das Lager und reist in seine belgische Heimat. Nach seiner Rückkehr weist ihn die Gestapo in ein so genanntes "Arbeitserziehungslager" (AEL Essen-Mühlheim) ein. Er wird erst entlassen, als er sich zu "politischem Wohlverhalten" verpflichtet. Ganty wird wegen "kritischer Äußerungen" am 31. August 1942 erneut festgenommen, am 21. Mai 1943 vom so genannten "Volksgerichtshof" wegen "Feindbegünstigung" zum Tode verurteilt und am 7. September 1943 in Plötzensee ermordet. Gantys Sterbeurkunde nennt als letzte 'Wohnanschrift' die Blumenstraße 25 - dort befanden sich Zwangsarbeiterlager, eines der Gelsenkirchener Bergwerks AG, Gruppe Gelsenkirchen, Zeche Nordstern sowie ein Zwangsarbeiterlager der Ruhrgas AG. Heute befindet sich an diesem Standort der Norsternpark (Bergbaustollen).

PDF-Dokument: Das Todesurteil gegen Charles Ganty


An diesen Haken wurden die Menschen erhängt

Abb.: An diesen Haken wurden die Menschen erhängt

In Berlin-Plötzensee bereite der Scharfrichter Ernst Reindel mit seinen Gehilfen die Hinrichtungen vor. Abends treffen auch ein Landgerichtsdirektor als Vertreter des Oberreichsanwalts beim so genannten "Volksgerichtshof" und ein Staatsanwalt von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin als so genannter "Vollstreckungsleiter" ein. Weil das Fallbeil zerstört ist, werden jeweils acht Häftlinge am Galgen an der hinteren Wand erhängt.

Allein in der Nacht vom 7. auf den 8. September 1943 werden auf diese Weise 186 Menschen ermordet, unter ihnen auch Charles Ganty. Der damalige Gefängnispfarrer von Plötzensee, Harald Poelchau, berichtete: "Mit Einbruch der Dunkelheit am 7. September begann der Massenmord. Die Männer waren in mehreren Gliedern hintereinander angetreten. Sie standen da, zunächst ungewiss, was mit ihnen geschehen sollte. Dann begriffen sie. Immer je acht Mann wurden namentlich aufgerufen und abgeführt. Einmal unterbrachen die Henker ihre Arbeit, weil Bomben in der Nähe krachend niedersausten.

Der Hinrichtungsschuppen

Abb.: Der Hinrichtungsschuppen

Die schon angetretenen fünf mal acht Mann mussten für eine Weile wieder in ihre Zellen eingeschlossen werden. Dann ging das Morden weiter. Alle diese Männer wurden gehängt. Die Hinrichtungen mussten bei Kerzenschein durchgeführt werden, da das elektrische Licht ausgesetzt hatte. Erst in der Morgenfrühe, um acht Uhr, stellten die erschöpften Henker ihre Tätigkeit ein, um sie am Abend mit frischen Kräften wieder aufnehmen zu können.

In diesen drei Septembernächten starben 360 Menschen den Tod am Galgen: Lehrer, Beamte, Arbeiter, Kaufleute, Offiziere und Künstler. Neben dem Hinrichtungsschuppen lag noch tagelang ein Berg von nackten Leichen. Sie konnten nicht fortgeschafft werden, weil heftige Fliegerangriffe jeden Abtransport verhinderten. Auch das gehört zu den grauenhaften Eindrücken, die ich nie vergessen kann: die entstellten, bleichen Körper von Menschen, aufeinandergeworfen wie Lumpen."

Erfahren Sie mehr über Charles Ganty und die Blutnächte von Plötzensee


Am Bugapark 1 - im Zugangsbereich zum Nordsternpark wird ein Stolperstein für Charles Ganty verlegt

Am Bugapark 1 - im Zugangsbereich zum Nordsternpark wurde ein Stolperstein für Charles Ganty verlegt. Der Nordsternpark wurde auf dem Betriebsgelände der 1993 stillgelegten Zeche Nordstern angelegt und war 1997 Austragungsort der Bundesgartenschau. Charles Ganty musste auf dieser Zeche Zwangsarbeit verrichten.

Stolperstein für Charles Ganty, verlegt am 9. Februar 2010

→ Fotostrecke von der Verlegung des STOLPERSTEINS Am Bugapark 1


Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Juni 2009. Editiert Februar 2010

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