STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


Stolpersteine Gelsenkirchen

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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Paul Hohnroth

Karriere eines nationalsozialistischen Lehrers

Paul Hohnroth (1889-1982) kam 1912 als Volksschullehrer nach Gelsenkirchen. Zwei Jahre später zog er als Soldat des Reserve-Infanterieregiments 56 in den Ersten Weltkrieg. Nach Kriegsende machte er eine Fortbildung zum Turnlehrer und erhielt 1920 eine Anstellung am Realgymnasium. Hohnroth war in verschiedenen Turn- und Sportvereinen aktiv und verfügte in der bürgerlichen Gesellschaft über beste Verbindungen. Dennoch gelang es ihm nicht, zum Stadtturnrat aufzusteigen - die begehrte Stelle erhielt 1925, sehr zu seinem Ärger, ein Sozialdemokrat. Hohnroth bewegte sich in den nationalistischen Kreisen Gelsenkirchens, wurde 1930 Mitglied der DNVP und trat 1932 dem Frontkämpferbund "Stahlhelm" bei.

Kurz nach der "Machtergreifung" schloss er sich dem Nationalsozialistischen Lehrerbund an und engagierte sich in der Sportausbildung von SA und SS. Als führendes Mitglied des Kameradschaftsvereins des Infanterieregiments 56 sorgte Hohnroth maßgeblich dafür, dass in Gelsenkirchen ein Ehrenmal für das Regiment errichtet wurde. Im Jahr 1935 trat er in die SS, zwei Jahre später in die NSDAP ein. Seine Hoffnungen auf ein schnelleres berufliches Fortkommen wurden aber enttäuscht.

Im Unterricht schikanierte Hohnroth jüdische Schüler, unter anderem auch Albert Gompertz, den Sohn eines Kriegskameraden, mit dem er persönlich verfeindet war. Am 10. November 1938 verwüstete Hohnroth mit seinen Schülern das Geschäft der Familie Gompertz auf der Bahnhofstraße. Im Zweiten Weltkrieg wurde Hohnroth erneut Soldat. Das letzte Kriegsjahr verbrachte er als Lehrer am mittlerweile nach Bayern evakuierten Realgymnasium. Nach seiner Rückkehr nach Gelsenkirchen im Sommer 1945 wurde er von den Briten verhaftet und für zwei Jahre im Lager Staumühle bei Paderborn interniert. Als "Mitläufer" entnazifiziert, bemühte er sich ab 1947 darum, wieder in den Schuldienst zu gelangen. Die Stadt Gelsenkirchen hielt ihn aber für politisch nicht tragbar und verhinderte eine Wiedereinstellung. Im Jahr 1950 wurde Hohnroth stattdessen mit vollen Pensionsansprüchen in den Ruhestand versetzt.

Quelle: Daniel Schmidt (Hrsgb.) Gelsenkirchen im Nationalsozialismus, Katalog zur Dauerausstellung, Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte - Materialien, Band 12. Essen 2017, S.103


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Oktober 2017.

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