STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Gemeinsam erinnern statt Vergessen


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort FRITZ RAHKOB

JG. 1885
VERHAFTET 1943
"VORBEREITUNG
ZUM HOCHVERRAT"
POLIZEIGEFÄNGNIS
GELSENKIRCHEN
STRAFGEFÄNGNIS
MÜNCHEN-STADELHEIM
ERMORDET 24.8.1944
UNTERSUCHUNGSHAFTANSTALT
STUTTGART

Verlegeort: Liebfrauenstrasse 38, Gelsenkirchen

Fritz Rahkob als Soldat im ersten Weltkrieg

Abb.: Fritz Rahkob als Soldat im ersten Weltkrieg

Friederich "Fritz" Rahkob wurde am 25. Juli 1885 in der Gemeinde Rotthausen (Bürgermeisterei Stoppenberg im Landkreis Essen) geboren. Er wuchs im elterlichen Haus Rotthausen 134. (Spätere Wilhelmstraße 7).

Der junge Fritz, so wurde er zumeist genannt, erkannte schon recht früh, daß in der aufstrebenden Montanindustrie des Ruhrgebiets höhere Löhne als in der heimischen Landwirtschaft gezahlt wurden. Nach einem schweren Arbeitsunfall mußte Fritz Rahkob die Arbeit im Bergbau aufgeben.

Wie auch nach seiner zweijährigen Militärzeit im 1. Weltkrieg, so fand er schnell wieder Arbeit. Die kommunistische Tageszeitung "Ruhr-Echo" beschäftigte ihn erst als Kassierer, später dann im Versand. Fritz Rahkob wurde schon 1905 in der Arbeiterbewegung aktiv und war 1918 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Rotthausen.

Nach der Eingemeindung von Rotthausen nach Gelsenkirchen nahm Rahkob vor allem an den Arbeiterkämpfen in Gelsenkirchen teil und wurde Mitglied im Einheitsverband der Bergarbeiter in der RGO (Revolutionären Gewerkschaftsopposition). Da er bereits 1920 in die KPD eingetreten war, ließ nach der Machtübergabe an die Nazis seine Verhaftung nicht lange auf sich warten.

Der aktive und in der Bevölkerung anerkannte Kommunist Fritz Rahkob verbrachte die Jahre von 1933 bis 1938 in sogenannter "Schutzhaft". Seine Ehefrau Emma Rahkob, beteiligte sich während der Haft ihres Mannes aktiv am Widerstand. Dafür wurde sie am 20. November 1934 zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.

Ausschnitte aus einem Hochzeitsgruppenfoto von 1938 in Enger von Fritz Rahkob und seiner Frau Emma

Abb.: Ausschnitte aus einem Hochzeitsgruppenfoto von 1938 in Enger von Fritz Rahkob und seiner Frau Emma (1898-1972).

Nach seiner Entlassung lernte Fritz Rahkob den Widerstandskämpfer Franz Zielasko kennen. In der festen Überzeugung, man müsse den Krieg und den Faschismus aktiv bekämpfen, schloß er sich der Widerstandsgruppe um Franz Zielasko an, die in Gladbeck, Oberhausen, Essen und Gelsenkirchen aktiv war. Die Gruppe um Franz Zielasko wurde verraten, im August 1943 verhaftete die Gestapo fast 50 Antifaschisten, darunter auch Fritz Rahkob. Franz Zielasko wurde bei den anschließenden Verhören zu Tode gefoltert. Fritz Rahkob und andere Kameraden wurden wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" vom so genannten "Volksgerichtshof" zum Tode verurteilt.

Totenbrief von Fritz Rahkob

Abb.: Totenbrief von Fritz Rahkob

Am 24. August 1944 erfolgte Fritz Rahkobs Hinrichtung in Stuttgart durch Enthauptung. Am Tag der Hinrichtung wurde auch seine Frau Emma verhaftet. Kurz vor der "Verlegung" in ein Konzentrationslager wurde sie von den alliierten Truppen aus dem Münchener Polizeigefängnis befreit.

Der Leichnam Rahkobs wurde dem Anatomischen Institut der Universität Tübingen übereignet, wo er zunächst konserviert wurde. Nach der Einäscherung am 1. Juli 1947 in Reutlingen wurde die Urne von alliierte Soldaten nach Gelsenkirchen überführt, wo sie am 14. September 1947 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung feierlich in der Urnengrabstätte des Freidenkervereins auf dem Rotthauser Friedhof beigesetzt wurde.

Artikel im 'Westfälische Volks-Echo' über die Urnenbeisetzung von Fritz Rahkob in Gelsenkirchen

Abb.: Artikel im "Westfälische Volks-Echo" über die Urnenbeisetzung von Fritz Rahkob in Gelsenkirchen

Eine Zeitung, das "Westfälische Volks-Echo", berichtete tags darauf: "Fritz Rahkob ruht in Heimaterde." Nur wenige Tage später berichtete das "Westfälische Volks-Echo" unter der Überschrift "SA marschiert wieder" über nächtliche neofaschistische Zusammenrottungen, die das "Horst Wessel-Lied" gröhlend, durch Gelsenkirchen zogen. Karlheinz Rabas, ein Verwandter von Fritz Rahkob, nahm 1947 an der Beisetzung teil. Er hat auch die Patenschaft für den Stolperstein, der Fritz Rahkob gewidmet wird, übernommen.

Quelle Zeitungsartikel: Westdeutsches Volksecho vom 16.9.1947, Nr. 65.
Stadtarchiv Gelsenkirchen, Personen XXIX
Ausschnitte Hochzeitsgruppenfoto, Totenbrief: Karlheinz Rabas.

Die Liebfrauenstrasse 38 im April 2011

Abb.: Die Liebfrauenstrasse 38 im April 2011.

→ Fotostrecke von der Verlegung des STOLPERSTEINS an der Liebfrauenstrasse 38

Nachtrag

Eine der Hinrichtungsstätten der Justiz im Deutschen Reich befand sich in Stuttgart. Im Hof des Oberlandesgerichts wurden Hunderte von Verurteilten umgebracht.

Abb.: Eine der Hinrichtungsstätten der Justiz im Deutschen Reich befand sich in Stuttgart. Im Hof des Oberlandesgerichts wurden Hunderte von Verurteilten umgebracht.

Im Lichthof des Justizgebäudes in der Urbanstraße in Stuttgart wurde eine der Zentralen Hinrichtungsstätten des NS-Regimes eingerichtet, dort wurden Häftlinge mit dem Fallbeil hingerichtet. In der Zeit zwischen 1933 und 1944 dürften dort wenigstens 450 Hinrichtungen erfolgt sein, seit 1942 wurden an einem Hinrichtungstag 20 oder mehr Urteile vollstreckt, teils im Abstand von wenigen Minuten. Dort wurde auch das Todesurteil gegen den Gelsenkirchener Widerstandskämpfer Friederich "Fritz" Rahkob vollstreckt. Der Widerstandskämpfer Rien Ditzel aus Deventer (NL) hat mit Fritz Rahkob in Stuttgart in der Todeszelle gesessen. Johan van der Veen, Historiker und Mitglied der Arbeitsgruppe “Vergessener Widerstand Deventer“, entdeckte im April 2019 im Zuge seiner Recherchen für die Biografie von Marinus Ditzel die Verbindung zwischen Fritz Rahkob und Rien Ditzel.

Rien Ditzel gelang bei einem Luftangriff die Flucht, 1947 wurde sein Bericht über seine Zeit mit Fritz Rahkob in der Todeszelle veröffentlicht: Todeskandidat (PDF)


Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. April 2011, Editiert Juni 2019

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