STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

← STOLPERSTEINE Gelsenkirchen

HIER WOHNTE

Verlegeort HERMANN KONDRING

JG. 1900
IM WIDERSTAND
VERHAFTET 3.9.1941
ALS ASOZIAL STIGMATISIERT
1941 KZ DACHAU
ERMORDET 6.3.1942
KZ SACHSENHAUSEN

Verlegung geplant Mai 2025, Verlegeort: Parallelstraße 4, 45881 Gelsenkirchen

Hermann Kondring wurde am 22. April 1900 in Gelsenkirchen als achtes von elf Kindern geboren. Der Vater war Heinrich Kondring, geboren 9. September 1860 in Zwillbrock bei Vreden. Die Mutter war Maria Gertrud Collet, geben am 2. Mai 1861 in Lünten bei Vreden. Da die Eltern Ende 1884 in Vreden kirchlich und Anfang 1885 standesamtlich in Gelsenkirchen-Schalke geheiratet haben, werden sie auch um diesen Jahreswechsel herum ihren Wohnsitz nach Gelsenkirchen verlagert haben. Das erste Kind wird am 4. Oktober 1885 in Gelsenkirchen-Schalke geboren.

Bismarck-Kolonie, Parallelstraße Blickrichtung Uechtingstraße

Abb.: Der westliche Teil der Bismarck-Kolonie mit Blick zur Uechtingstraße. Die Häuser wurden von der Bergwerksgesellschaft Graf Bismarck um 1880 als Werkswohnungen errichtet. Diese Karte wurde am 27.6.1943 verschickt. (Sammlung Karlheinz Weichelt)

Hermann Kondring heiratet am 7. April 1925 (Heiratsurkunde Gelsenkirchen Nr. 403 in 1925) in Gelsenkirchen die Karoline Sauerbier, die am 1. Dezember 1900 in Braubauerschaft geboren wurde. Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor:

(1) Hermann Kondring jun., geboren am 5. August 1925 in Gelsenkirchen. Er heiratete eine Martha Scheidt. Er stirbt am 16. Juni 1985.
(2) Gertrud Kondring, geboren am 18.09.1926 in Gelsenkirchen. Sie war Krankenschwester und starb am 13. März 1945 in Regensburg.
(3) Heinrich/Heinz Kondring, geboren am 23. August 1930 in Gelsenkirchen. Er starb 2013. Verheiratet war er mit Inge Radiczewski.
(4) Helmut Anton Kondring, geboren am 19. September 1932 in Gelsenkirchen. Er wanderte im Jahre 1958 nach Montreal/Kanada aus, wo er am 18. März 2012 starb. Verheiratet war er mit Margret Schüler.

Hermann Kondring war Bergmann – u.a. war er als Zimmerhauer auf der Zeche Holland in Wattenscheid beschäftigt. Im Jahre 1927 ist er gemeldet Parallelstr. 4 (Bismarck-Kolonie), auch zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war er dort gemeldet.

Der Grund für Kondrings Verhaftung durch die Gestapo soll laut eidesstattlicher Erklärungen von Zeitzeugen dessen wiederholte Weigerung gewesen sein, für die 'Nationalsozialistische Volkswohlfahrt' (abgekürzt NSV) eine Sammeltätigkeit auszuüben. Er wurde mehrfach von einem NSDAP-Mitglied namens Adler dazu aufgefordert, mit einer Sammelbüchse der NSV von Haus zu Haus zu gehen, um auf diese Weise Geldspenden für die NSV einzuwerben.

Schreibstubenkarte aus dem KZ Dachau, Felix Fröhling

Abb.: Schreibstubenkarte aus dem KZ Dachau, Hermann Kondring

Am 3. September 1941 ist Hermann Kondring in Gelsenkirchen verhaftet worden, am 7. November 1941 kommt er im Konzentrationslager Dachau an. Er wurde als 'AZR-Häftling' (Arbeitszwang Reich) kategorisiert und mit der Häftlingsnummer 28607 registriert. Hermann Kondring wurde im KZ mit einem schwarzen Winkel auf der Häftlingskleidung markiert.

Im NS-Regime diente der Vorwurf der Arbeitsscheu zur Charakterisierung der sogenannten 'Asozialen'. Nach einer Durchführungsverordnung von 1938 galt als 'asozial', wer "durch gemeinschaftswidriges, wenn auch nicht verbrecherisches Verhalten zeigt, dass er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen will". Asozial waren nach der Verordnung Personen, die "durch geringfügige, aber sich immer wiederholende Gesetzesübertretungen, sich der in einem nationalsozialistischen Staat selbstverständlichen Ordnung nicht fügen wollen".

Am 17. Dezember 1941 wurde Hermann Kondring ins Konzentrationslager Sachsenhausen 'verlegt'. Hermann Kondring ist am 6. März 1942 in Sachsenhausen gestorben, angeblich an "Herzschwäche" in Verbindung mit "Lungenentzündung".

Zeugenaussage von Bernhard Wiesmann in der 'Wiedergutmachungssache' Kondring

Abb.: Zeugenaussage von Bernhard Wiesmann in der 'Wiedergutmachungssache' Kondring vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen

Alois Brinkkötter hat die Patenschaft für diesen Stolperstein übernommen. Er hat Hermann Kondrings Lebens- und Leidenswege recherchiert und sich auch intensiv mit dem von Kondrings Ehefrau gestellten Antrag auf "Wiedergutmachung" beschäftigt. Der Antrag auf "Wiedergutmachung" wurde negativ beschieden, das "Wiedergutmachungsamt" Gelsenkirchen sah im Sachverhalt keine politisch begründete Verfolgung. So ist eine umfangreiche Ausarbeitung entstanden, die online abrufbar ist. Auf Basis dieser Ausarbeitung entstand die vorstehende biografische Skizze.

Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan Gelsenzentrum e.V:, April 2024


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen, 5/2024

↑ Seitenanfang