STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


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HIER WOHNTE

Verlegeort ISIDOR KAHN

JG. 1872
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 2.11.1943

Verlegeort: Im Lörenkamp 2, Gelsenkirchen

Isidor Kahn wurde am 22. Februar 1872 in Freudenberg geboren. Er war verwitwet, von Beruf Kaufmann. Sein Name findet sich auch auf der Wahlliste vom 16. November 1930 zur Gründung der liberalen jüdischen Synagogengemeinde Gelsenkirchen. Am 27. Januar 1942 wurde Isidor Kahn von Gelsenkirchen nach Riga deportiert und dort am 2. November 1943 ermordet.

Deportation jüdischer Menschen in Münster, 13. Dezember 1941

Abb.: Deportation jüdischer Menschen am 13. 12. 1941 in Münster. Die Szenerie ist vergleichbar mit dem Deportationstransport ab Gelsenkirchen

Mit dem ersten Deportationstransport ab Gelsenkirchen am 27. Januar 1942 wurden allein 359 Gelsenkirchener Juden - wie die Nazis es nannten - "nach dem Osten evakuiert". Hinzu kamen jüdische Menschen aus dem Kreis Recklinghausen, insgesamt 95 Erwachsenen und 10 Kinder, die am 24. Januar 1942 auf offenen Lastwagen von den Sammelpunkten in den jeweiligen Städten nach Gelsenkirchen zur städtischen Ausstellungshalle an der Wildenbruchstraße gebracht wurden, die Ausstellungshalle wurde als temporäres "Juden-Sammellager" genutzt. Der Deportationszug fuhr über Dortmund, Bielefeld und Hannover, wo weitere Menschen zusteigen mussten. Der Transportzug mit schließlich 1000 jüdischen Menschen wurde dann weiter Richtung Riga geleitet. Der Menschentransport erreichte am 1. Februar den Bahnhof Riga-Skirotava in Lettland.

Das Ghetto in Riga war am 30. November 1941 kurz vor der Ankunft der ersten Transportzüge mit Menschen jüdischer Herkunft aus dem Reichsgebiet "freigemacht" worden, das heißt im Klartext: Am 30. November 1941 wurden etwa 15.000, am 8. und 9. Dezember 1941 noch einmal etwa 13.000 Menschen an ausgehobenen Gruben in den nahen Wäldern von Rumbula von der SS und der deutsche Ordnungspolizei ermordet, um so Platz für die Neuankömmlinge zu schaffen.

Das sogenannte "Reichsjuden-Ghetto" in Riga existierte vom 1. Dezember 1941 bis zum 2. November 1943. Insgesamt wurden etwa 28.000 jüdische Menschen aus dem so genannten "Grossdeutschen Reich" nach Riga verschleppt. Bei der Schließung des Ghettos am 2. November 1943 forderte eine letzte Selektion schätzungsweise weitere 2.400 Menschenleben. Die von der SS für noch arbeitsfähig befunden Häftlinge kamen dann zunächst in das zuvor neu errichtete Konzentrationslager Kaiserwald nahe dem Rigaer Vorort Kaiserwald.

Holocaust-Überlebende wie bspw. Herman Neudorf und Bernd Haase aus Gelsenkirchen sowie Rolf Abrahamsohn aus Marl berichteten uns, dass die arbeitsfähigen Menschen an jenem 2. November 1943 morgens wie üblich zu den Arbeitskommandos ausrückten. Bei ihrer Rückkehr waren jedoch von den im Ghetto Verbliebenen niemand mehr da.

Der ebenfalls aus Gelsenkirchen mit seiner Familie nach Riga deportierte Hermann Voosen (er war vom Polizei-Begleitkommando des Deportationstransportes zum "Transportführer" der Gelsenkirchener Juden bestimmt worden) schreibt in einem Bericht am 5. Oktober 1945 über diese "Aktion" im Ghetto:

Auszug aus einem Brief, den Hermann Voosen am 5. Oktober an Herrn Homberg geschrieben hat. Beide wurden am 27. Januar 1942 von Gelsenkirchen nach Riga deportiert

Abb.: Hermann Voosen (c/o E. Heymanson, Cederbourgsgatan 5, Göteborg - Severige; z. Zt. Tynningoe-Hoeganaes, Stockholm) schreibt am 5. Oktober 1945 an Herrn Homberg.

(...) Ich erinnere mich, dass die Kleinste einmal schwer erkrankt war, doch dann wieder gesundete. Mit der Auflösung des Ghettos in Riga wurde die jüngste Tochter, sie war allein zuhause, am 2.11.1943 mit noch 2285 Menschen, vorwiegend Kinder unter 10 Jahren, Alte, Kranke und Arbeitsbehinderte in 36 Waggons verladen und verschickt, angeblich wahrscheinlich aber nach Auschwitz. (...)

Isidor Kahn aus Gelsenkirchen ist an diesem Tag, dem 2. November 1943 während der Räumung des Ghettos Riga ermordet worden.

Im Lörenkamp/Ecke Kirchstrasse am 1. September 2010, in der NS-Zeit stand hier das Haus Im Lörenkamp 2

Im Lörenkamp/Ecke Kirchstrasse am 1. September 2010, in der NS-Zeit stand hier das Haus Im Lörenkamp 2.

→ Fotostrecke von der Verlegung des STOLPERSTEINS Im Lörenkamp 2


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. April 2011

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