STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort DAVID BERGHAUSEN

JG. 1876
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN RIGA

HIER WOHNTE

Verlegeort ISABELLA BERGHAUSEN

GEB. BÄR
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN RIGA

Verlegeort: Essener Straße 76, Gelsenkirchen

Liste der Jüdischen Kultusgemeinde vom 4. Juni 1946Abb.: Liste der Jüdischen Kultusgemeinde vom 4. Juni 1946 (StA Gelsenkirchen)

Der Malermeister David Berghausen, geboren am 19. Juli 1876 in Hohenhausen (Brake/Lippe), war mit Isabella Berghausen, geb. Bär, geboren am 22. Februar 1876 in Alsenz/Kirchheimbolanden verheiratet. Das Ehepaar Berghausen wurde mit dem ersten Deportationstransport, der Gelsenkirchen am frühen Morgen des 27. Januar 1942 verließ, in dass Ghetto Riga verschleppt. In Riga wurden beide bei einer der so genannten "Aktionen" ermordet, nach der verbrecherischen Logik der SS galten sie aufgrund ihres hohen Alters als nicht mehr "voll arbeitsfähig".

Gelsenkirchener Juden und Juden aus umliegenden Städten wurden einige Tage vor dem 27. Januar 1942 in einem so genannten "Judensammellager" in der Ausstellungshalle an der Wildenbruchstraße eingepfercht, so auch das Ehepaar Berghausen. Die Gelsenkirchener Stadtchronik verzeichnet für den 27. Januar 1942: "In den städtischen Ausstellungshallen ist ein Judensammeltransport zusammengestellt worden. Es handelt sich um 506 Juden aus dem Präsidialbezirk Recklinghausen, die heute nach den Ostgebieten evakuiert werden. Unter ihnen befinden sich 350 Personen aus Gelsenkirchen. Vorerst verbleiben in unserer Stadt noch 132 meist alte und kränkliche Juden".

Im "Sammellager" an der Wildenbruchstraße herrschten unmenschliche Zustände. Überlebende, die in diesem Lager eingesperrt waren, haben nach 1945 davon berichtet. Die zur Deportation bestimmten mussten für Ihre "Evakuierung nach dem Osten" sogar ihre Fahrkarten bezahlen - einfach, eine Rückfahrt war nicht vorgesehen. Auch für den Transport ihrer wenigen Habe, deren Mitnahme von den Nazis gestattet wurde, war eine Transportgebühr zu entrichten. Diese Waggons wurden jedoch später abgekoppelt und kamen gar nicht mehr im Ghetto Riga an.

Zu diesem Zeitpunkt war der Tod der zur Deportation bestimmten Menschen bereits beschlossene Sache. Auf der so genannten "Wannsee-Konferenz" wurden am 20. Januar 1942 von 15 führenden Nazis die planerischen und organisatorischen Details zum Massenmord an den europäischen Juden besprochen und festgelegt. Die so genannte "Endlösung der europäischen Judenfrage" sah die systematische Vertrei- bung und fabrikmäßige Vernichtung von rund elf Millionen Menschen vor. Im Protokoll der Konferenz hieß es: "In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist."

Einer der Teilnehmer der Wannseekonferenz war Alfred Meyer, der fanatische NS-Funktionär und Gauleiter von Westfalen-Nord. Meyers politische NS-Karriere begann in Gelsenkirchen, bereits 1928 trat er der örtlichen NSDAP-Ortsgruppe bei. In den folgenden Jahren unterstrich Meyer seine ausgeprägte antisemitische Haltung bei zahlreichen öffentlichen Reden und Auftritten in Gelsenkirchen immer wieder, schürte den Hass auf Juden und nahm so maßgeblichen Einfluss auf die Haltung der "arischen" Mehrheitsbevölkerung gegenüber Juden, Sinti und Roma sowie anderen Verfolgtengruppen in Gelsenkirchen.

Am ehemaligen Standort des "Judensammellagers", heute mit der Verwaltung von Straßen.NRW und einer Polizeiwache bebaut, erinnert nichts an die hunderte Kinder, Frauen und Männer, die für alle sichtbar in der Ausstellungshalle gesammelt und zusammengepfercht wurden. Die Menschen wurden vom nahegelegenen Güterbahnhof am 27. Januar 1942 mit der "Reichsbahn" in das Ghetto Riga deportiert, um sie dort durch bewusst geschaffene Umstände und gezielte Tötungsaktionen zu ermorden.

Die Patenschaft für den Stolperstein, der an David Berghausen erinnern wird, hat die Schülervertretung der Gesamtschule Horst übernommen, die Patenschaft für den Stolperstein, der an Isabella Berghausen erinnern wird, hat Anke Käding übernommen.

Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, Dezember 2012

Stolpersteine für David und Isabella Berghausen, verlegt am 29. April 2013

Die Zeremonie der Verlegung wurde von einer Rede der SV-SchülerInnen (7. Jahrgang) der Gesamtschule Horst begleitet. Sowohl Bildhauer Demnig als auch die BesucherInnen der Verlegung bezeichneten das Engagement der SchülerInnen als vorbildlich. Mit dem Verkauf von Buttons am Tag der offenen Tür und Rosen zum Valentinstag haben die SV-SchülerInnen den Stolperstein für David Berghausen finanziert. In ihrer Ansprache haben die SchülerInnen ihre Motivation für die Stolperstein-Patenschaft deutlich gemacht:

Liebe Angehörige, liebe Besucher,

heute ist nicht der Tag zum Trauern, sondern zum Gedenken an die grauenhaften Taten, an die mutigen Menschen, die Opfer gebracht und sich nicht haben unterkriegen lassen und daran, nicht zuzulassen, dass so etwas je wieder passiert. Es freut uns und ist uns eine Ehre, eine Patenschaft für einen Menschen zu übernehmen, der in dieser menschenunwürdigen Zeit umgekommen ist. Als Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage, ist es für uns auch wichtig hieran teilzunehmen, denn wir tragen diesen Namen nicht umsonst. Wir nehmen momentan an einem Projekt der VHS teil, bei dem wir Gelsenkirchener kennenlernen, die mutig gegen den Faschismus gekämpft haben und sorgen dafür, dass auch andere dies nicht vergessen. Als Frau Käding uns, also die Schülervertretung, das erste Mal auf das Stolperstein-Projekt angesprochen hat, war uns schon klar, dass wir die Patenschaft übernehmen wollen. Davor sind wir durch die Straßen gegangen und wussten nicht so recht mit diesen Steinen anzufangen, aber dann wurden uns sozusagen die Augen geöffnet: Überall fanden wir diese Steine und stolperten auch darüber :) Es ist uns SEHR wichtig, die Erinnerung an sie zu erhalten und ihre Opfer nicht zu vergessen.

Die Schülervertretung der Gesamtschule Horst

(Die Rede verfasste Leon Bauer)

Stolpersteine Gelsenkirchen - Ehepaar Berghausen

Stolpersteine Gelsenkirchen - Ehepaar Berghausen Stolpersteine Gelsenkirchen - Ehepaar Berghausen Stolpersteine Gelsenkirchen - Ehepaar Berghausen

Stolpersteine Gelsenkirchen -  Ehepaar Berghausen


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen.

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