STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort PEPI ALPERN

GEB. HERMANN
JG. 1877
VERHAFTET JULI 1943
POLIZEIGEFÄNGNIS GELSENKIRCHEN
DEPORTIERT
RAVENSBRÜCK
ERMORDET 3.5.1944

HIER WOHNTE

Verlegeort MAX ALPERN

JG. 1909
VERHAFTET DEZ. 1943
POLIZEIGEFÄNGNIS GELSENKIRCHEN
DEPORTIERT
BUCHENWALD
1945 THERESIENSTADT
BEFREIT

HIER WOHNTE

Verlegeort ARON ALPERN

JG. 1896
VERHAFTET OKT. 1943
POLIZEIGEFÄNGNIS GELSENKIRCHEN
DEPORTIERT
BUCHENWALD
1945 THERESIENSTADT
BEFREIT

Verlegung geplant 5. Juni 2025, Verlegeort: Dorstener Str. 27, 45894 Gelsenkirchen

Pepi Alpern, geborene Hermann, geboren am 18. August 1877 in Czernowitz/Galizien, lebte seit 1913 mit ihrer Familie in Buer. Während Sohn Aron noch in der alten Heimat Storozynetz (Rumänien) von 1902-1908 die Volksschule besuchte, ging sein Bruder Max in Gelsenkirchen von 1916-1924 in die Volksschule, von 1928-1930 besuchte er die Handelsschule in Gelsenkirchen. Die Familie lebten zunächst in der Essener Straße 47 (heute Horster Straße 46) in Gelsenkirchen-Buer.

Pepis Ehemann Leib, geboren 1866 in Chernowitz war selbstständiger Kaufmann in der Schuhbranche, er starb am 20. Juni 1930. Das Schuhgeschäft der Familie Alpern, in dem auch die Söhne Aron und Max zeitweilig mitarbeiteten, befand sich zu dieser Zeit in der Hagenstraße 10. Ab 1933 lebte Pepi Alpern mit ihren in Storszynetz/Bukowina geborenen Söhnen Aron, geboren am 19. August 1896 und Max, geboren am 1. Juli 1909 - zeitweise auch mit ihrer Tochter Rebeka, verh. Ständig, geboren am 18. Februar 1895 in Sniatyn/Galizien und deren Familie in der Dorstener Straße 27 in Gelsenkirchen-Buer. Die Familien Ständig und Alpern waren eng miteinander verbunden, im Gedenken werden die Familien symbolisch wieder vereint - der Stolperstein für Rebeka Alpern, verheiratete Ständig wird im Familienverband Ständig an gleicher Stelle verlegt.

Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde auch Max Alpern inhaftiert und im Januar 1939 wieder freigelassen. Aron Alpern arbeitete ab 1937 bis zur Verhaftung durch die Gestapo im August 1943 als Tiefbauarbeiter bei der Firma B. Linneburg in Buer. Seit Ende 1938 wurde die zwangsweise Beschäftigung von Juden in kommunalen, staatlichen oder privaten Betrieben Teil der NS-Verfolgungs- und Wirtschaftspolitik. Ab 1938 wurden erwerbslose Juden von den Arbeitsämtern zum sogenannten "Geschlossenen Arbeitseinsatz" verpflichtet; dabei wurden sie in "geschlossenen Kolonnen" und von "arischen" Arbeitern getrennt meist zu händischer Arbeit eingesetzt. Inwieweit Aron Alperns Arbeitsverhältnis bei Fa. Linneburg von der Zwangsmaßnahme betroffen war, konnte bisher vor dem Hintergrund der dünnen Quellenlage nicht dargestellt werden.

Häftlings-Personal-Karte KZ Buchenwald, Aron Alpern

Abb.1: Häftlings-Personal-Karte KZ Buchenwald, Aron Alpern

Häftlings-Personal-Karte KZ Buchenwald, Max Alpern

Abb.2: Häftlings-Personal-Karte KZ Buchenwald, Max Alpern


Vermerk 'Dikal' (Darf in kein anderes Lager), Max Alpern.

Abb.3: Karteikarte Max Alpern, u.A. Vermerk:"Dikal"

Laut den Arolsen Archives wurde der handschriftliche Vermerk "Dikal" ("Darf in kein anderes Lager") von der Gestapo für jüdische Häftlinge angegeben, die die Staatsbürgerschaft eines verbündeten oder neutralen Landes hatten. Die Gestapo wollte den Zugriff auf diese Häflinge behalten und so verhindern, dass sie in andere Lager überstellt werden. Max Alpern wurde dennoch in der Endphase des Zweiten Weltkrieges im April 1945 nach Theresienstadt verschleppt.


Karteikarte der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ Bezirksstelle Westfalen, Pepi Alpern.

Abb.4: Karteikarte der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ Bezirksstelle Westfalen, Pepi Alpern. Vermekt auf der Karteikarte ist auch der Begriff "Sternträger". Der Linguist Victor Klemperer beschrieb den Stern in seinem Werk LTI – Notizbuch eines Philologen als Betroffener: "... der 19. September 1941. Von da an war der Judenstern zu tragen, der sechszackige Davidsstern, der Lappen in der gelben Farbe, die heute noch Pest und Quarantäne bedeutet und die im Mittelalter die Kennfarbe der Juden war, die Farbe des Neides und der ins Blut getretenen Galle, die Farbe des zu meidenden Bösen; der gelbe Lappen mit dem schwarzen Aufdruck: ‚Jude‘, das Wort umrahmt von Linien der ineinandergeschobenen beiden Dreiecke, das Wort aus dicken Blockbuchstaben gebildet, die in ihrer Isoliertheit und in der breiten Überbetontheit ihrer Horizontalen hebräische Schriftzeichen vortäuschen."

Die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ wurde vom NS-Regime 1939 als zentralistischer Zusammenschluss der jüdischen Gemeinden und jüdischer Vereinigungen dekretiert. Unter Leitung von Reichssichheitshauptamt und Gestapo wurde diese Organisation zur Zusammenarbeit bei der Ausplünderung der Juden und den Vorbereitungen zu ihrer Deportation gezwungen. Als 1943 die Verschleppungen in die Konzentrations- und Vernichtungslager im Wesentlichen abgeschlossen waren und somit jüdisches Leben in Deutschland ausgelöscht war, wurde die Reichsvereinigung aufgelöst.

Zugangsmeldung KZ Buchenwald

Abb.5: Veränderungsmeldung KZ Buchenwald


Max Alpern, 1949.

Abb.6: Max Alpern 1949. Auch Max hat sich Zeit seines Lebens nicht von den erlittenen Folgen des NS-Terrors erholt.

Pepi Alpern wurde im Juli 1943 verhaftet und im Polizeigefängnis Buer inhaftiert, von dort wurde sie am 14. Dezember 1943 in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Aron wurde am 16. Oktober 1943 verhaftet, Max am 4. Dezember 1943. Beide wurden in das KZ Buchenwald eingewiesen und dort am 4. Dezember 1943 als Neuzugang im KZ Buchenwald registriert. Pepi Alpern wurde am 3. Mai 1944 im KZ Ravensbrück ermordet. Max und sein Bruder Aron Alpern wurden noch in der Endphase des 2. Weltkrieges im April 1945 nach Theresienstadt verschleppt - dabei bleibt ungewiss, ob der Transport mit der Eisenbahn oder im Zuge eines Todesmarsches zu Fuß erfolgte. Im dortigen "Krankenhaus" erlebte Max im Mai 1945 seine Befreiung, auch sein Bruder Aron überlebte das Grauen des NS-Regimes.

Führerschein Aron Alpern, 1946

Todesanzeige Aron Alpern, 1961

Abb.7,8: Seite aus der Fahrerlaubnis für Aron Alpern, erworben am 6. September 1946; Re.: Die Angestellten der Firma Alpern veröffentlichen eine Todesanzeige, Gelsenkirchen-Buer, 1961

Belegschaft des Textilkaufhauses Alpern in Buer

Abb.9: Belegschaft des Textilkaufhauses Alpern in Buer, 1957/58. V.l.: ?, Renate, Rita, Marlene, Max, Monika und Marlies in der Rochusgasse, im Hintergrund die Hochstraße mit der "Alten Apotheke".


Grab der Brüder Aron und Max Alpern auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf.

Abb.10: Grab der Brüder Aron und Max Alpern auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf.

Die Brüder Alpern kehrten als Holocaust-Überlebende nach Gelsenkirchen zurück. In den nachfolgenden Jahren betrieben die Brüder an der Buerschen Hochstraße 30 erfolgreich ein Textil- und Wäschegeschäft. Aron Alpern starb am 1. Januar 1961 in Gelsenkirchen-Buer, Bruder Max starb am 11. Dezember 1988, ebenfalls in Gelsenkirchen-Buer. Die Brüder Aron und Max Alpern wurden auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf bestattet.

Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Oktober 2024.

Die Stolpersteinpatenschaft für Pepi, Aron, Max Alpern und Rebeka Ständig, geb. Alpern haben Schüler*innen der AG Spurensucher und ein Geschichtskurs der Gesamtschule Buer-Mitte übernommen.

Quellen:
Arolsen Archives, Internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus: https://arolsen-archives.org/ (Abruf 10/2024)
Datenbank der in den Jahren 1933 bis 1945 in Gelsenkirchen verfolgten Jüdinnen und Juden (Abruf 10/2024)
M. Golenser

Abbildungen:
1-6: Arolsen Archives
7,8,9,10: M. Golenser


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen, 10/2024

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